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GHS/KHS

Malerei von Gitte und Klaus Hähner-Springmühl
Fotodokumentationen von Karin Wieckhorst und Kurt Buchwald sowie Tonaufnahmen der Band Kartoffelschälmaschine

22. November 2016 bis 19. Februar 2017

Neue Sächsische Galerie Chemnitz

Gitte Hähner-Springmühl, ohne Titel, 1990, Mischtechnik auf Papier, 102 x 75 cm
Klaus Hähner-Springmühl, o.T., 1982, Mischtechnik, 100 x 74 cm
Gitte Hähner-Springmühl bei der Arbeit, 1982, Foto: Reiner Lenk
Gitte Hähner-Springmühl, Klaus Hähner-Springmühl und Frank Raßbach bei einem Konzert anlässlich eines Kunstfestes des Künstlerclubs Marta auf dem Rosenhof, Karl-Marx-Stadt, 1988, Fotograf unbekannt

Der 1950 in Zwickau geborene Klaus Hähner-Springmühl galt als Impulsgeber des sich seit den 1970er-Jahren im damaligen Karl-Marx-Stadt entwickelnden vitalen, nonkonformen Kulturleben. Nach dem Abbruch seines Ingenieursstudiums in Cottbus 1972 realisierte Hähner-Springmühl erste kollektive Projekte und wählte die künstlerische Revolte als Berufung. Ab 1978 band er die Fotografie experimentell in sein Schaffen ein, welches von Malereien, Zeichnungen, Fotoübermalungen, Fotocollagen bis hin zu Raumobjekten, Installationen reicht. Aufsehen erregte der Autodidakt aber vor allem mit seinen legendären Aktionen, Performances und Konzerten – allesamt irritierende wie inspirierende Eruptionen.

Woher nahm Klaus Hähner-Springmühl die Kraft, trotz prekärer existentieller Alltagssituationen seiner Haltung treu zu bleiben, bis zur Selbstausbeutung tätig zu sein, ohne sich anzupassen? Wer gab ihm Halt? Wer inspirierte ihn? Die Antworten auf diese Fragen bündeln sich und führen vor allem zu seiner damaligen Frau und künstlerischen Weggefährtin Gitte Hähner-Springmühl. Seit ihrer ersten Begegnung 1971 verband beide eine vertrauensvolle, kreative und respektvolle Freundschaft. Durch den bildnerisch tätigen Klaus fand die Musikerin zur Malerei und Grafik, während sie ihm die Welt der Musik eröffnete, von der er fortan besessen war und die für sein Leben und Schaffen von essentieller Bedeutung wurde. Oftmals arbeiteten sie im Atelier nebeneinander und besprachen dann das Entstandene und Entstehende. Die Geige, das Schlagzeug und das Saxophon sind aus den Performances ebenso wenig wie aus dem Alltag von Klaus Hähner-Springmühl wegzudenken.

So eröffnete jeder seine Welt dem anderen, hieß den anderen in seiner Welt willkommen und bald wurden beide Welten zu einer, in der das Paar gemeinsam experimentierte. Öffentlich erregten sie seit 1976 mit ihren gemeinsamen, improvisierten musikalischen Auftritten Aufmerksamkeit, so besonders in der legendären freien Formation Kartoffelschälmaschine (u.a. mit Frank Raßbach oder Erich Wolfgang Hartzsch). Diese symbiotische Beziehung, bei der Gitte und Klaus Hähner-Springmühl einander immer auf Augenhöhe begegneten, ermutigten und inspirierten, machte die Konsequenz und Konsistenz in Leben und Werk beider erst möglich.

Wie sehr Gitte Hähner-Springmühl selbst von dieser künstlerisch-kollegialen Beziehung nachhaltig geprägt wurde, offenbart ihr bildnerisches Oeuvre, an dem sie bis heute stringent und leidenschaftlich arbeitet. Es entstehen vielschichtige Bildwelten, auf Papier oder Leinwand, die zwischen expressiver Figuration und narrativer Abstraktion changieren. In ihrem bildkünstlerischen Schaffen setzt sie jene Energie frei und materialisiert sie, die sich im disziplinierten Musizieren nach Noten ansammelt. Zwei Seiten, die zu einem Ganzen werden, künstlerisch und menschlich.

Die Ausstellung möchte die Künstlerfreundschaft zwischen Gitte, welche in diesem Jahr ihren 65. Geburtstag feiert, und Klaus Hähner-Springmühl, der vor 10 Jahren in Armut und Einsamkeit in Leipzig starb, erstmals gemeinsam beleuchten, erinnern und würdigen. Text: Anke Paula Böttcher

Biografien
Klaus Hähner-Springmühl:
1950 in Zwickau geboren I schließt seine Maurerlehre mit Abitur ab und betreibt in seiner Freizeit Boxen I anschließendes Ingenieurstudium in Cottbus beendet er nicht, widmet sich autodidaktisch seinem künstlerischen Schaffen I in kollektiven Arbeitsformen mit u.a. Freudenberg, Penck, Bretschneider, Schulze und Hartzsch fängt er in Cottbus, Dresden, und ab 1972 in Karl-Marx-Stadt, an, sich künstlerisch auszudrücken I folgen erste Ausstellungen, die einem Happening gleichen und auf’s Äußerste provozieren I wird als Improvisationsmusiker gefeiert, zusammen mit seiner damaligen Frau Gitte und Erich-Wolfgang Hartzsch sowie Frank Raßbach I es folgen viele öffentliche Konzerte und Kunstaktionen I 1982 wird er als Mitglied in den Verband Bildender Künstler aufgenommen und arbeitet von dieser Zeit an freischaffend I in den 1990er-Jahren auf zahlreichen Ausstellungen und Messen vertreten I entzog sich dem Kunstbetrieb konsequent und lebte seit 1993 zunehmend vereinsamt in Leipzig I starb im Sommer 2006

Gitte Hähner Springmühl
1951 in Zwickau geboren I 1962-1970 Konzertgitarren- Ausbildung, R.Schuhmann- Konservatorium, Zwickau I 1970-1974 Studium Literatur und Bibliothekswesen, Leipzig I ab 1978 erste Zeichnungen und Bilder zu Lyrik und Prosa I 2003 Gründung der priv. Kunst- und Musikschule refugia, Chemnitz I lebt und arbeitet in Chemnitz

Katalog mit Werken der Ausstellung


Begleitprogramm

Dienstag, 13. Dezember 2016 19.30 Uhr
Paul Kaiser, Bohème in der DDR.
Der Autor gibt in einem Lichtbildervortrag Einblick in sein kürzlich erschienenes umfassendes Kompendium
zur DDR-Bohème.

Sonntag, 8. Januar 2017 11 Uhr
Öffentliche Führung mit Alexander Stoll, Kustos Neue Sächsische Galerie

Dienstag, 10. Januar 2017 19.30 Uhr
Lichtgestalt oder?
Gesprächsrunde zur Autodidaktenszene um Hähner-Springmühl im Chemnitz der 80er Jahre mit Gunnar Barthel, Jörg Steinbach, Gitte Hähner-Springmühl u.a.

Ausstellungszeitraum: 22. November 2016 bis 19. Februar 2017


Gefördert vom Büro für städtisches Kulturmanagement Chemnitz und dem Neue Chemnitzer Kunsthütte e.V. in Kooperation mit Eine Art Fabrik.

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